Real Life Resurrection

Growth by Transformation: The frog - Real Life Resurrection

Den eigenen Weg gehen:

Wachstum – Fußabdruck – Leidenschaft

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Disruption im Kopf: Wenn’s drinnen kracht

Gedankenkarussell: Ich steige aus!

Es ist 3:07 Uhr. Das Gehirn hat entschieden, dass jetzt der perfekte Zeitpunkt ist, den inneren Jahrmarkt zu eröffnen. Mit blinkenden Lichtern, schriller Musik und garantiert ohne TÜV-Prüfung. Während der Rest der Welt friedlich schlummert, steigt mein Unterbewusstsein in ein knarzendes Gedankenkarussell, das sich rückwärts dreht, quietscht wie ein kaputter Autoscooter und nicht die Absicht hat, jemals wieder anzuhalten.

Ich liege da, wie ein Kind auf dem Rummelplatz, das dachte: „Nur eine kleine Runde, wird sicher lustig.“ Aber Pustekuchen. Kaum angeschnallt, startet die wilde Fahrt durch die Themenwelt eines nicht enden wollenden Monologs von „Was wäre, wenn?“-Fragen. Das Leben verschiebt sich in ein gedankliches Paralleluniversum, in dem alles besser gelaufen wäre.

Erste Runde: „Hättest du 1994 vielleicht doch lieber Jura studieren sollen? Runde zwei: „Was wäre, wenn ich damals diesen einen Typen nicht einfach hätte gehen lassen?“ Da gibt es kein Entkommen, immer nur neue Türen mit immer neuen Varianten der eigenen Vergangenheit – alle besser als das Original. Ich spiele alternative Versionen meiner eigenen Biografie durch, leider ohne Happy End.

Und sogleich gesellt sich die emotionale Nebenwirkung hinzu: die Reue. Sie ist wie ein schlecht gelaunter Beifahrer, der ständig murmelt: „Habe ich dir doch gesagt, du hättest rechts abbiegen sollen – am 15. Mai 1998.“

Zwischendurch schlurft das Gedanken-Kirmesmaskottchen vorbei – ein leicht übermüdeter Hamster in Jogginghose – und ruft: „Denk ruhig weiter drüber nach, Schlaf ist eh überbewertet!“

Ich versuche auszusteigen. Atemübungen. Meditations-App. Schäfchen zählen. Aber die Schäfchen sind offensichtlich bei der Geisterbahn abgebogen und schreien jetzt hysterisch „Du hast die Steuererklärung vergessen!“

Und während sich das Karussell fröhlich weiterdreht, kündigt sich draußen der Morgen an. Die Vögel singen. Die Kaffeemaschine glüht. Und ich? Ich wanke aus dem Bett wie ein Rummelbesucher mit Zuckerwatte im Haar, Kotztüte in der Hand und dem festen Vorsatz: Heute Abend geh ich früh schlafen. Ganz bestimmt. „Liebes Gedankenkarussell, ich steig jetzt hier aus. Mir ist schlecht.“

Meine toxische Wohngemeinschaft

Es ist Zeit zum Aufbruch – aber ich lebe nicht alleine, sondern in einer sehr lebendigen Wohngemeinschaft. Nicht lebendig im Sinne von „Wir kochen zusammen und gucken Dokus über fermentierte Bohnen“, sondern eher so: Drama, Daueralarm und Dilemma.

In meinem Kopf wohnt eine bunte, nie schlafende Wohngemeinschaft. Meine Mitbewohner heißen Stress, Angst, Wut und Ohnmacht – und ja, sie sind so anstrengend, wie sie klingen. Sie zahlen keine Miete, essen mein Nervenkostüm auf und streiten sich regelmäßig darüber, wer das Wohnzimmer (also mein Denken) für sich beanspruchen darf.

Stress ist der frühaufstehende Kontrollfreak, der rastlos unter permanentem Erfolgsdruck steht. Er diktiert die To-Do-Liste schon morgens beim Zähneputzen. Sobald der Aufzug länger als drei Sekunden braucht starrt er nervös auf sein Handy. Ich will alles – und zwar gestern!

Angst wohnt direkt neben meinem Schlafzimmer. Sie flüstert nachts durch die Wand: „Was, wenn du es nicht schaffst?“ oder „Was wenn Du kritisiert wirst?“ und „Zeige bloß keine Schwäche!“  Angst ist wie ein Rauchmelder mit Akku-Problem – piept, auch wenn gar nichts brennt.

Wut hat eine laute Stimme, eine kurze Zündschnur und eine Meinung zu allem. Sie wirft Türen zu, kommentiert mit Vokabular aus der Hölle und ist fest davon überzeugt, dass alle anderen in der WG – Zitat – „komplett inkompetent“ sind. Und trotzdem ist sie irgendwie loyal. Wenn jemand mich blöd anmacht, steht sie sofort da mit verschränkten Armen: „Willst du das wirklich nochmal sagen?“

Ohnmacht ist das Gegenteil. Sie liegt auf dem Sofa, seit Wochen, mit Chips auf dem Bauch und Netflix in Dauerschleife. Sie hat sich eine Höhle gebaut, aus dem sie nur manchmal herausflüstert: „Es ist absurd, aber ich kann nichts tun.“

Kaum will ich etwas Neues starten schlagen sie Alarm und ich fühle mich wie gelähmt. Die Angst fängt an, eine Schutzmauer zu bauen. Sie hält einen Vortrag über negative Prognosen und mögliche Horrorszenarien. Die Ohnmacht flüstert: „Tu es nicht – Du machst Dich lächerlich.“

Vielleicht ziehe ich irgendwann aus. Oder ich gründe eine neue WG. Mit Freude, Stille, Klarheit und Gelassenheit. Bewerbungen willkommen. Bitte nur ernst gemeinte.

Eine kleine Revolte gegen den Perfektionismus

Der Wecker klingelt. Ich wache auf – oder besser gesagt: Ich werde hochgefahren. Mein innerer Prozessor checkt den Kalender, mein System lädt die To-dos. Meine Smart Watch sagt mir, ich hätte besser schlafen können. Alles noch bevor mein Kaffee bereit ist. Willkommen im Funktionsmodus.

Doch heute ist etwas anders. Ich staune über mich selbst. Normalerweise hätte ich mich jetzt gegeißelt, optimiert und innerlich geseufzt: Nächstes Mal bitte perfekter, ja?
Aber heute denke ich: Och nö. Heute reicht auch okay. 

Ich hatte mal einen perfekten Lebensplan. Also so einen mit Etappen, Deadlines, Checklisten und farblich markierten Karriereschritten. Sah toll aus – wie eine Mischung aus Businessplan und Visionboard. Ich dachte, wenn ich das alles brav abarbeite, winkt am Ende die große Belohnung: Zufriedenheit.

Ich dachte lange, Zufriedenheit wartet am Ende eines gut geplanten Lebens. So zwischen Karrieresprung und dem dritten Digital Detox. Ich jagte Zielen hinterher wie ein Kind Seifenblasen – nur dass die Blasen nicht platzen, sondern sich einfach ständig verlagern. Ein bisschen höher, ein bisschen weiter, ein bisschen… mehr.

Und dieser Goldtopf am Ende des Regenbogens? Spoiler: Wenn man da ankommt, hat man Rückenschmerzen, das Passwort vergessen und muss eh wieder los, weil man noch schnell erfolgreich sein muss.

Mein Ego war mein Motivationscoach: immer auf der Suche nach Anerkennung, Applaus, Likes und Latte Macchiato in hippen Coworking-Spaces.  „Zeig, was du kannst, überhol die anderen, mach weiter, da geht noch was!“

Und dann kam das Herz. Erst als flüsternder Störfaktor.  „Ähm… darf ich auch noch kurz was sagen?“ Leider ist das Mikrofon meistens gerade besetzt. Dann lauter und als Stimme hörbar. „War der Deal nicht ein anderer? Wir sind nicht auf diese Welt gekommen, um wie Maschinen zu funktionieren. Wir sind hier, um zu lachen, zu lieben, Fehler zu machen – und um mit Passion Dinge zu tun, die Spaß machen. Genug ist genug“

Mein „Genug“ ist jetzt offiziell ein geschützter Bereich. Zutritt nur für Menschen mit halbvollen Gläsern. Perfektionismus darf draußen bleiben – zusammen mit den guten Vorsätzen, den Detox-Kuren und den kalorienfreien Glücksversprechen.  Ich habe übrigens mein Visionboard umgehängt. Es hängt jetzt hinter dem Kühlschrank. Und wenn ich es wiederfinde, schreibe ich mit Edding drauf: Genug ist genug.

Den eigenen Weg gehen: Plötzlich war da Veränderung

Der Neuanfang riecht nach Zitrusreiniger

Es begann ganz harmlos. Ein Blick auf die Küchenarbeitsplatte. Ein einzelner Kaffeefleck. Winzig. Fast poetisch. „Den wisch ich schnell weg“. Ein Satz, der rückblickend in etwa so naiv sein kann wie: „Ich schau nur ganz kurz bei Ikea rein.“ Der Lappen war noch nicht ganz in der Hand, da sprang mein Blick auf den Wasserkocher. „Den entkalke ich eben noch.“ Dann die Besteckschublade. Alles durcheinander. Im Wohnzimmer geht’s weiter. Der Couchtisch, das Bücherregal, das geheimnisvolle Kabelwirrwarr hinter dem Fernseher. Nach drei Stunden riecht die Wohnung nach Zitronenreiniger und Triumph.

Aus einem Putzanfall wird eine Kurskorrektur. Die initiale Putzaktion steht stellvertretend für das Statement „Ich bin bereit.“

Da schob sich eine ganz andere Frage in meinen Kopf: Wohin will ich meinen Fußabdruck setzen? Wir wünschen uns doch alle, einen Fußabdruck zu hinterlassen – etwas, das zeigt, dass wir da waren und dass es nicht egal war. Spuren hinterlassen,  im Leben anderer Menschen, in der Welt, im Beruf oder generell im großen Ganzen. Es geht darum, nicht einfach spurlos zu verschwinden, sondern etwas Bleibendes zu schaffen oder in Erinnerung zu bleiben.

Der erste Schritt in Richtung eines eigenen Fußabdrucks ist gleichzeitig der kniffligste. Es geht um das Erkennen der eigenen Werte und Leidenschaften. Was treibt mich an? Wo liegen meine persönlichen Stärken? Aus der Beantwortung dieser Fragen formt sich ein innerer Kompass, der den Weg weist. Es geht dabei um wirkliche Innenschau nicht um eine halbherzige Inspiration aus einem Instagram-Post.

Eine Initialzündung für Veränderung war kein Ein Donnerschlag am inneren Horizont. Kein dramatischer Akt aus Licht, Feuer, Flügel und Applaus. Eine göttliche Eingebung im Stil von „Ab jetzt wird alles anders!“

Es ist ein leises: „Ich mach’s trotzdem.“ Trotz all der Selbstzweifel. Und es passiert etwas Wunderbares: Plötzlich erlaubt man sich Dinge, die früher unvorstellbar waren. Ein radikaler Haarschnitt. Ein längerer Auslandsaufenthalt. Neue Freunde. Ein neuer Job. Eine Trennung. Der innere Phönix sagt Sachen wie: „Du musst niemandem mehr gefallen außer dir selbst.“

Veränderung ist keine gerade Linie. Sie ist ein Kreisen, ein Nach-innen-horchen, ein mutiger Schritt ins Unbekannte. Sie ist kein Marschbefehl, sondern ein Tanz. Transformation ist wie das Leben selbst: chaotisch, widersprüchlich und emotional.

Und das Feuer? Das brennt – langsam, aber unaufhaltsam.

WG-Plenum: Einzug mit Nebenwirkungen

Ich – also, die Person, die offiziell Hauptmieterin ist – überlege: Könnten Geduld und Gelassenheit diese WG retten? Oder würden sie nach einer Woche wieder ausziehen, weil die Energie hier „zu toxisch“ ist?

Ich stelle mir vor, wie Geduld morgens den Kaffee aufsetzt, während Gelassenheit barfuß den Balkon fegt und Stress, Wut, Angst und Ohnmacht sich langsam beruhigen, weil jemand da ist, der nicht sofort ausflippt. Vielleicht würden wir sogar mal zusammen frühstücken. Mit frischen Brötchen. Und ohne Schuldgefühle.

Vielleicht ist das naiv. Oder der Anfang von echter Veränderung. Ich glaube, ich schicke ihnen mal die Adresse. Und frage, ob sie Pflanzen mitbringen.

Es war Dienstag, 19:30 Uhr – das wöchentliche WG-Plenum. Die Stimmung war aufgeladen.

Tagesordnungspunkt 1: Einzug von Geduld und Gelassenheit.

Stress war sofort dagegen. Er zitterte leicht vor strukturellem Kontrollverlust:
„Die bringen alles durcheinander! Keine Struktur, keine Verbindlichkeit! Das wird hier ein Ort der Entschleunigung – und davon hat noch niemand ein Projekt fertiggestellt.“

Angst rutschte nervös auf dem Küchenstuhl hin und her und flüsterte:
„Was, wenn sie uns verändern? Oder schlimmer: wenn es außer Kontrolle gerät? Wenn wir plötzlich… locker werden? Dann passiert was Unvorhersehbares! Vielleicht vergessen wir am Ende noch das Passwort vom Onlinebanking!“

Wut schlug mit der Faust auf den Tisch, der daraufhin kurz vibrierte.
„Geduld ist keine Tugend mehr, Leute, das ist ein Systemfehler. Warten ist was für Menschen ohne WLAN – oder ohne Prime. Und Gelassenheit? Das ist doch bloß Coolness im Rentnermantel.“

Ohnmacht saß in der Ecke und murmelte in ihren Kamillentee:
„Mir doch egal. Solange die Tee mitbringen. Und Kekse. Oder Morphium.“

Dann klopfte es. Die Tür öffnete sich langsam. Gelassenheit nickte allen zu. Sagte nichts. Geduld stellte wortlos eine Kanne Kräutertee auf den Tisch.

Stress hyperventilierte. Angst versteckte sich hinter dem Kühlschrank. Wut warf eine Bio-Möhre. Doch dann geschah das Unfassbare: Niemand antwortete sofort.
Es entstand – und das war revolutionär – eine Pause.

Eine richtige, echte, unangenehme, wohltuende, transformative Pause. Geduld und Gelassenheit zogen ein.

Notruf des Freundeskreises: Hilfe, Sie verändert sich!

Kaum hatte ich verkündet, dass ich etwas verändern will – ich, persönlich, echt jetzt! –, geht ein Raunen durch den Freundeskreis, als hätte ich angekündigt, eine Sekte zu gründen und in Zukunft deine Mahlzeiten nur noch bei Vollmond und in Plüschkostümen einzunehmen.

Die Reaktionen sind ein Best-of menschlicher Unsicherheit:

Kategorie 1: Die Apokalyptiker
Sie reagieren wie bei einem plötzlichen Erdbeben: „Geht’s dir gut? Brauchst du Urlaub? Oh Gott, was ist passiert? Midlife-Crisis? Burnout?“

Kategorie 2: Die Kontrollfreaks
Sie blättern gedanklich sofort durch mögliche Interventionspläne:
„Veränderung? Schön. Aber überstürze nichts. Denk an deine Verpflichtungen. Was passiert mit Deiner Krankenversicherung? Und der Bausparvertrag!“

Kategorie 3: Die Augenzwinkerer
Sie machen Witze: „Na klar, und ich werde nächste Woche Astronaut.“
Ironie – die letzte Verteidigungslinie, wenn Menschen nicht wissen, wie sie mit echtem Mut umgehen sollen.

Kategorie 4: Die Sehnsüchtigen
Sie nicken begeistert, wenn ich von meinen Plänen erzähle, ihre Augen leuchten kurz auf – und dann murmeln sie Sätze wie:
„Ach ja, ich müsste ja eigentlich auch mal… irgendwann… später…“
Innerlich würden sie am liebsten aufspringen, sich mir anschließen, gemeinsam durchbrennen – aufbrechen zu neuen Ufern, Träume verwirklichen, endlich eigene Fußabdrücke hinterlassen. Aber irgendwas hält sie zurück.

Und ich?

Ich bin ein bisschen verwirrt, ein bisschen befreit, und begreife. Es ist völlig okay.

Freunde müssen nicht sofort begeistert sein. Ich habe auch gelernt, mit den Sehnsüchtigen besonders liebevoll umzugehen, denn sie zeigen mir nicht meine Schranken, sondern ihre eigenen.  Veränderung fühlt sich für alle erst mal an wie neue Schuhe: am Anfang drückt es, später tanzt es sich leichter. Entscheidend ist nicht stehen zu bleiben, nur weil andere Angst haben, dass ich plötzlich auf High Heels laufe.

Persönliches Wachstum: Leidenschaft entwickeln

Zwischen gestern und Horizont

Ich sitze in einem Café, das Buch „Die Kunst der Transformation“ liegt neben meinem Avocado-Toast. So, ich bin bereit mein Leben zu ändern. Ich nehme einen Bissen, schaue selbstbewusst aus dem Fenster, als wäre ich plötzlich die Heldin eines Selbstfindungsromans. Doch dann erscheint der Kellner mit einem verführerischen Stück Schokoladenkuchen. Ich nehme einen tiefen Atemzug.  Und genau in diesem Moment kommt ein weiterer Kellner vorbei, mit einem gigantischen Latte Macchiato. Das wird noch ein langer Weg!

Persönliches Wachstum fängt selten mit einem Masterplan an. Es beginnt damit, dass man sich traut, nicht zu wissen, was passiert – und trotzdem etwas zu tun.

Vielleicht geht es beim Aufbruch weniger darum, sofort das richtige Ufer zu erreichen, sondern überhaupt erst einmal den Mut aufzubringen, den Teich zu stören und neugierig zu bleiben.  Viele kleine Steinchen in den Teich zu werfen – und neugierig zu beobachten, welche Kreise sich ziehen. Manche Steine versinken einfach. Manche bringen eine Ente zum Quaken. Und manche lösen eine Kettenreaktion aus, die bis ans andere Ufer schwappt.

Manchmal werfen wir ein ganz kleines Steinchen, ein winziges Veränderungsprojekt – vielleicht eine neue Morgenroutine oder der Entschluss, endlich mal das Gemüse zu essen, das wir für den guten Ruf in unserem Kühlschrank horten. Zuerst ploppt es nur kurz auf der Wasseroberfläche auf, das war’s. Aber dann – wusch! – ziehen sich kleine, aber feine Wellen. Und plötzlich haben wir die Motivation, unser ganzes Leben auf den Kopf zu stellen. Es geht los mit dem Projekt „Transformation“, und wir sind bereit, eine neue Welt zu schaffen

Kaum sind diese vielen Steine im Wasser, merkt man es: Der Teich ist voll von Kreisen. Und das ist genau der Punkt, an dem Transformation zur Sportart wird. Denn jeder Kreis hat seine eigene Dynamik, seine eigene Geschwindigkeit. Manche verbreiten sich schnell und ziehen uns mit. Andere sind zäh und benötigen mehr Geduld. Und dann gibt es diese besonders hartnäckigen Kreise, die einfach nicht verschwinden wollen. Sie wecken Fragen. Sie sagen: „Warte mal, geht’s hier nicht eigentlich um mehr als nur Wasser trinken und Gemüse essen?“

Das Schöne daran: Der Teich wird nie wieder derselbe sein. Selbst wenn du nur mit einem einzigen Stein gestartet bist, wirst du am Ende feststellen, dass du vielleicht nicht nur einen Teich verändert hast, sondern gleich das gesamte Ökosystem. Und wer hätte gedacht, dass diese ganzen kleinen Steinchen – die mit ihren kleinen, unscheinbaren Wellen – so eine große Wirkung haben könnten? Also, ran an die Steine! Werfen, beobachten, wundern und dann den nächsten werfen. Manchmal ist es nämlich gar nicht die riesige Welle, die uns am meisten verändert, sondern die vielen kleinen, neugierigen Kreise, die sich durch den Teich ziehen.

Und plötzlich war da Glut

„Follow your passion!“, ruft uns der Zeitgeist entgegen. „Live your dreams!“ – natürlich am besten mit Sonnenuntergang im Hintergrund, Palmen und lässigem Hüftschwung. Zack! Blitz! Liebe auf den ersten Blick, Berufung aus dem Nichts.

Ehrlich gesagt: Das ist Quatsch. Leidenschaft ist kein Gratispaket aus dem Universum und fällt auch nicht vom Himmel. Sie klopft nicht freundlich an die Tür und überreicht dir ein poliertes Lebenskonzept auf einem Silbertablett. In Wirklichkeit beginnt Leidenschaft meistens ziemlich unspektakulär. Kein magischer Moment. Kein Feuerwerk. Eher ein vages „Hm, ganz interessant vielleicht?“

Leidenschaft wächst oft genau dort, wo wir es am wenigsten erwarten. Sie fängt klein an – in einem Hobby, in einer Reise, in einer Begegnung und in einem sinnlichen Genuss.

Und dann fängt der unangenehme Teil an. Leidenschaft muss wachsen. Über Wochen. Monate. Jahre. Sie ist störrisch, launisch und grundsätzlich immer dann beleidigt, wenn man gerade keine Zeit hat. Leidenschaft wächst so langsam wie eine Vase auf einer Töpferscheibe. Erst klumpig. Dann wackelig. Dann reißt sie irgendwo ein. Und du fängst nochmal von vorne an. Geduld? Wird gnadenlos eingefordert. Kraft? Verbraucht sich im Dutzend billiger. Energie? Braucht Nachschub – immer wieder.

Zwischendurch frage ich mich, ob das überhaupt noch Leidenschaft ist oder einfach eine tragische Form von hartnäckigem Wahnsinn. Natürlich kostet Leidenschaft Kraft. Natürlich hat man zwischendurch den Kopf voller Zweifel. Aber genau darin liegt ihre Magie: Sie gibt mehr zurück, als sie nimmt. Sie schickt Schübe von Begeisterung durch müde Tage. Sie zündet kleine Feuerwerke in Gedanken, wenn außen alles grau ist.

Was als persönliches Interesse begann, breitet sich plötzlich aus, verbindet Menschen über Ländergrenzen hinweg, knüpft Freundschaften zwischen Kulturen und Ideen. Sie ist Freude am Erforschen, am gemeinsamen Wachsen. Der Genuss, sich in neue Welten hineinzudenken. Einem Funken Raum geben, neugierig bleiben, und schon fängt die Leidenschaft an zu tanzen. Etwas aufbauen, das größer wird als man selbst.

„Follow your passion“?

Ja, unbedingt. Aber nicht, weil Leidenschaft mich auf rosa Wolken davonträgt. Sondern weil sie mir Wurzeln schenkt. Weil sie mich anfeuert, mich durchwirbelt, mich immer wieder daran erinnert, warum ich aufstehe.

Leidenschaft ist der schönste, stärkste Motor, den es gibt. Er läuft nicht von allein – aber wenn er einmal anspringt, trägt er dich weiter, als du je gedacht hättest. Heute sage ich: Gut, dass Geduld und Gelassenheit in meine Wohngemeinschaft eingezogen sind!

Wenn die Freundschaftsdiskothek schließen muss

Transformation klingt nach Schmetterling, fühlt sich aber eher an wie Raupe mit Durchfall. Nichts passt mehr. Die Wohnung zu klein, der Job zu laut, der Partner zu müde und die Freunde plötzlich wie Gäste auf einer Party, zu der man selbst gar nicht mehr gehen würde oder auf der man irgendwann merkt, dass die Musik zu laut ist, die Snacks alle sind, und der DJ entweder vollkommen überfordert ist. Ich habe einfach das Gefühl, dass es Zeit ist zu gehen.

Meine Veränderung hat auch mein Umfeld verändert. Niemand hat mich vorgewarnt, dass sich mein Umfeld manchmal wie ein bockiger Teenager, dem man das WLAN abgedreht hat, benehmen würde. Heute frage ich mich bei manchen Treffen: Warum vibriert da nichts mehr?

Das liegt nicht daran, dass die anderen schlechter geworden wären. Nein, sie sind nur auf UKW geblieben, während ich versehentlich auf DAB+ geschaltet habe. Der Empfang ist gestört.

Die Wahrheit ist: Transformation verändert alles. Geht die gemeinsame Wellenlänge verloren, fühlen sich Gespräche, die früher mühelos liefen, plötzlich zäh an. Oder schlimmer: Manchmal triggert Transformation. Wer selbst feststeckt, fühlt sich womöglich unbewusst herausgefordert von meiner Veränderung. Das kommt es zu Spannungen oder Rückzug – nicht aus Böswilligkeit, sondern aus Selbstschutz.

Die Erkenntnis, dass eine Freundschaft ihre besten Zeiten hinter sich hat, ist schwer verdaulich. Freundschaften bilden das Fundament unseres Lebens. Nun verabschieden sich einige. Manchmal leise. Manchmal mit einem Knall.

Wo echte Gefühle sind, entsteht eigentlich unweigerlich Drama – so sieht echtes und intensives Leben nun mal aus. Das Loslassen war schmerzhaft und hat sich wie ein Verlust angefühlt, der sich immer weiter ausbreitet hat. Besonders schlimm fühlt es sich an, wenn Freunde, mit denen man bisher Ängste, Hoffnungen und Träume teilen konnte, den stillen Rückzug wählen. Und dann, nach einer Weile, bin ich nicht mehr traurig, dass es diese Freundschaft nicht mehr gibt. Ich habe einfach weitergemacht und Platz für neue Menschen geschaffen, für neue Erfahrungen. Und wer weiß – vielleicht wird die Diskothek der Freundschaften bald wieder öffnen, aber diesmal mit der richtigen Musik, den richtigen Snacks und einem DJ, der weiß, wie man das Publikum begeistert und den Freunden, die die richtigen Partygäste für den nächsten Abschnitt deines Lebens sind.

How embarrassing und andere Lernmomente

Früher dachte ich, Sprachen lernt man, um im Urlaub unfallfrei ein Glas Wein bestellen zu können. Heute weiß ich: Man lernt sie, um sich selbst neu zu entdecken – und dann doch ein Glas zu bestellen, aber mit Haltung. Mehr noch: Jede neue Sprache ist wie ein Update fürs Gehirn.

Mein Englisch war wie ein Toaster aus den 90ern: es funktioniert, aber manchmal fliegt die Sicherung raus. Trotzdem hat es mich verändert. Nicht weil ich jetzt britischer wäre – obwohl ich inzwischen ‚apologies‘ sage. Englisch war meine Eintrittskarte in eine Welt, in der alles slightly awkward, aber gleichzeitig a bit more liberating ist.

Am Anfang war mein Englisch eine Mischung aus Schulbuchvokabular, aus in internationalen Meetings aufgeschnappten Phrasen, „James Bond“-Zitaten und dem unerschütterlichen Selbstvertrauen einer Person, die „literally“ für alles benutzt. Und ich meine wirklich ALLES. Ich war literally always confused.

Aber mit jedem peinlichen Gespräch – und ich denke dabei z.B. an Teams-Meetings, in denen mein „Could you please?“ zur catchphrase wurde – wuchs nicht nur mein Wortschatz, sondern auch meine Geduld mit mir selbst. Jedes kleine Scheitern ist Gold wert. Scheitern macht uns menschlich, demütig – und es zeigt, dass man Transformation nicht googeln kann. Man muss sie erleben. Mit Herzklopfen, roten Ohren und einem Schmunzeln, das erst später kommt. Wenn man’s verdaut hat.

Interkulturelle Erfahrungen transformieren nicht nur unseren Wortschatz, sondern unsere Toleranzgrenze. Für andere – und für uns selbst. Ich habe gelernt, dass man Smalltalk nicht hassen muss, wenn man ihn als olympische Disziplin betrachtet. Dass ein Lächeln in England, ein Kopfnicken in Kanada und ein „Cheers“ in Australien mehr Verbindung schaffen als jedes Grammatikbuch.

Und irgendwann merkte ich: Ich denke nicht mehr ausschließlich Deutsch. Ich denke in Halbsätzen, Füllwörtern und einem Mix aus Deutsch, Englisch und der internationalen Sprache der Körpersprache. Ich wurde multikulturell nicht durch Globetrottertum, sondern durch das tägliche Scheitern an sprachlichen Feinheiten. Und genau das war das Geschenk.

Heute ist mein Englisch besser, mein Humor internationaler, meine Geduld größer. Und wenn ich nicht weiterweiß, sage ich einfach: „Bear with me.“ Das klingt verständnisvoll, souverän – und niemand merkt, dass ich gerade gar keinen Plan habe.

Zahlen-Hirn trifft Farben-Herz

Früher definierten Pivot-Tabellen, Break-even-Analysen und die beruhigende Wirkung des Taschenrechners meinen Alltag. Durch und durch Finance-Guy in einer Welt aus klaren Linien, logischen Formeln und dem tiefen Glauben daran, dass alles eine Zahl ist – auch Erfolg. Ein Blick der Rendite ausstrahlt. Ich sprach permanent von Dingen wie Effizienz, Cash Flow und Skalierung. Alles ganz rational.

Sonntagmorgen. Ich begann den Tag ganz entspannt mit dem ersten Kaffee im Bett. Da schoss mir eine fixe Idee in den Kopf. Um mich weiterzuentwickeln muss ich neue Erfahrungen machen. Praktikum. Mit 50? Was für eine schräge Idee. Vielleicht hilft ein neuer Terminus. Volunteering oder Shadowing klingt besser. Anschließend vielleicht eine Weiterbildung. Okay, wir sprechen mindestens über einen Sabbatical. Vielleicht auch mehr.

Dann finde ich mich in einer Kreativagentur für Web-Design wieder. Man zeigte ihm eine Wand mit Post-its, Kritzeleien und einem handschriftlichen Zitat: „Mach’s geil, nicht korrekt.“ Es geschah Erstaunliches. Ich begann, Pausen einzulegen – nicht weil sie in Outlook geplant waren, sondern weil draußen die Sonne so schön auf die Backsteinwand fiel. Wir überlegen, ob „Aprikosenrosa“ oder „verbranntes Terrakotta“ besser zum Branding-Konzept passt. Das Moodboard heißt „Sehnsucht 3.0“. Es geht um „Tonality“ und „Markenseele“. Das Morgen Meeting wurde mit den Worten eröffnet: „Lass uns erst mal reinspüren, was die Marke uns sagen will.“ Jemand flüstert mir vorsichtig zu: „Hier geht’s um Gefühl.“

Dann meine erste praktische Erfahrung.  Eigentlich wollte ich nur ein neues Blogbild hochladen. Ganz einfach: Drag, Drop, Publish. Fünf Minuten maximal. Aber dann fiel es mir auf: Der Button rechts unten… saß leicht schief. Ein Pixel zu tief. Vielleicht zwei. Niemand hätte es gesehen – außer mir. Und dem Internet. Und Gott. Also öffnete ich das Design-Tool. „Nur schnell korrigieren“, flüsterte ich mir zu, wie jemand, der glaubt, nur ein Stück Schokolade zu essen. Drei Stunden später war das Bild nie hochgeladen, aber ich hatte:

  • eine komplett neue Farbpalette entworfen,
  • die Schriftart von „freundlich“ zu „frech-seriös“ geändert.

Zwischendurch war ich tief in einem Kaninchenbau aus Typografie-Tutorials und Moodboards verschwunden. Mein Browser hatte mehr Tabs als ein Adventskalender Türen. Am Ende war alles hübsch. Perfekt. Nur: Der Beitrag, den ich eigentlich schreiben wollte, existierte noch nicht. Und der ursprüngliche Button? Den hatte ich gelöscht. War eh nicht ganz mein Stil.

Manchmal ist der Return on Emotion wichtiger als der Return on Investment. Ich war nicht mehr dieselbe. Ich war eine Kreative geworden. Ein seltener Typus: Mit Zahlen-Hirn und Farben-Herz.

Transformation schmeckt nach Wein: Ich reife also bin ich

Es gibt Tage, da fühle ich mich wie ein mittelguter Riesling: zu süß für die einen, zu sauer für die anderen – und im Abgang leicht überfordert. Und doch weiß ich: Ich bin in einem Prozess. Transformation, sagen die Coaches. Persönlichkeitsentwicklung, sagen die Podcasts. „Erst atmen lassen“, sagt der Sommelier.

Ich habe gelernt: Transformation hat mehr mit Wein zu tun, als mir lieb ist. Beides braucht Zeit, Geduld, gute Bedingungen zum Reifen – und manchmal ein bisschen Druck. Gärung ist selten hübsch. Sie blubbert. Sie riecht komisch. Und sie tut manchmal weh.

Am Anfang steht oft ein Reiz: eine Idee, ein neues Projekt, eine Sehnsucht, ein verdächtig energetischer TED-Talk. Dann kommt Euphorie – gefolgt von der Realität. Das ist wie beim ersten Schluck Naturwein: Man denkt, „Wow, spannend!“ und kurz danach „Oder ist der schon gekippt?“ Transformation fühlt sich genauso an. Unklar. Komplex. Ungefiltert.

Aber hier kommt der entscheidende Moment: Wenn man lernt, nicht gleich zu urteilen. Sondern zu schmecken. Zu warten. Und sich selbst zu erlauben, nicht immer sofort zu gefallen. Guter Wein muss nicht jedem schmecken – er muss Charakter entwickeln. Und das geht nur mit Zeit, Reibung und ein bisschen Reifeprozess im Dunkeln.

Ich lerne langsam, meine eigene Entwicklung zu genießen. Nicht zu überanalysieren. Nicht zu beschleunigen. Sondern innezuhalten. Zu riechen. Zu schmecken. Und zu merken: „Aha. Da passiert was.“

Transformation ist kein Sprint – sie ist ein Jahrgang. Und während ich früher dachte, Genuss sei das Gegenteil von Veränderung, weiß ich heute: Es ist genau umgekehrt. Wer genießt, nimmt sich Zeit. Und wer sich Zeit nimmt, kann wachsen.

Ich bin also mittendrin. Im Prozess. In der Reifung. In meiner ganz persönlichen Cuvée aus Krisen, Chancen und einem ordentlichen Schuss Selbstironie.

Und wenn mich jemand fragt, wo ich momentan stehe, sage ich nur: „Ich bin nicht fertig – aber trinkbar.“

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3 Responses

  1. Die Blogs lesen sich leicht und lässig, ich mag die Wortspielereien und die Vergleiche. Mir gefällt besonders gut die „toxische Wohngemeinschaft“. Ich drücke die Daumen, dass Geduld und Gelassenheit und gutes Gegengewicht zu den anderen WG-Bewohnern bilden. Hauptsache der Disruptor mit Hoodie zieht nicht ein 😉
    Der Blog inspiriert, sich selber auf die Reise zu machen und dabei ganz genau in sich reinzuhören und in kleinen aber bestimmten Schritten loszulegen. So werde auch ich mich an meinen störrischen Kleiderschrank machen und anfangen aufzuräumen. Wichtig auf der Reise sind dabei wahre Verbindungen zu Menschen. Wahre Verbindungen entstehen über Zeit, Tee und Interesse. Da kann ich voll zustimmen – auch was den Tee dabei anbelangt….
    Vielen Dank für die ermutigenden Worte!

  2. Das freut mich zu hören! Insbesondere, dass Dich der Blog inspiriert hat. Reisen – vielleicht gepaart mit etwas Abenteuer – und über das Übliche hinausgehen, können besonders viel zum Wachstum beitragen. Ich wünsche Dir viel Freude beim Entdecken!

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